Montag, 16. Februar 2015

Ist das Kunst oder kann das weg? - Von der Selbstverwirklichung die auszog um Arbeit zu finden.

Wenn ich die Augen schließe sehe ich eine Leinwand, wild beschmiert in allen Farben die der Farbkreis eben her gibt, aufgetragen mit Pinsel, Rolle, Spachtel, Hand und etwas das aussieht wie der Abdruck eines Gesäßes.
Diese Leinwand ist auf einer eisernen, etwas verbogenen Stange aufgespießt, welche an ihrem unteren Ende stümperhaft einbetoniert wurde. Dieser Betonsockel, ist farblos, grob, grau, unbehauen.

So mancher Kenner, oder eben jene die sich dafür halten, würden es für die moderne Installation eines jungen Künstlers halten, der versucht hat seine Lebensfreude, seinen Weltschmerz und seine Selbstwahrnehmung in einem Werk zu vereinen. Eine Materialschlacht als Skulptur die tief in die Psyche des Schaffenden blicken lässt und gleichzeitig den Konflikt in uns allen widerspiegelt.

Dann kommt die Reinemachefrau. Und sie macht reine. Weg ist die vermeintliche Kunst, die doch eigentlich nur das war, was beim Entrümpeln übrig blieb.


Oder doch nicht? Wer hatte denn nun Recht? Die Kunstkenner? Die Putzfrau? Vielleicht beide? Vielleicht keiner? 

Gibt es auf diese Frage eine absolute Antwort? Eine 42, die diese Frage endgültig beantworten soll, oder bleibt es ewige Ansichtssache? Oder ist es beides bis jemand wirklich einmal richtig nachsieht? Schrödingers Kunst, sozusagen.

Ich öffne meine Augen wieder und schüttle den Kopf. Eigentlich wollte ich doch nur ein kurzes Resümee wie ich mich selber sehe und meine Position auf dem Arbeitsmarkt. Aber vielleicht liegt meine - mal wieder unkontrolliert überschäumende - Fantasie mit diesem Bezug nicht so falsch. Die Fragestellungen sind übertragbar.

Auf der einen Seite ist dort die einzigartige Arbeitskraft. Jung, kreativ, lernbegierig, auf der Suche nach ihrer Bestimmung. Eine Person mit Wiedererkennungswert, etwas unkonventionell, aber auf eine gute Art und Weise. Eine Angestellte die nur darauf wartet, dass ein Kenner vom Fach vorbei kommt und sie als das erkennt was sie ist, auf der Stelle weg kauft und in seine Sammlung integriert.

Auf der anderen Seite ist dort die Arbeitslose. Ein Mitglied des Bodensatzes der Gesellschaft, nur noch unterboten von Obdachlosen, Junkies und Kriminellen. Kein Abschluss, keine Referenzen, nur ein paar Zettel Lebenslauf ohne großen Wert, die darauf warten am Abend zusammengekehrt zu werden und über die Schwelle nach draußen gefegt zu werden. Keines Blickes gewürdigt, weil die Beschriftung fehlte.

Und irgendwo in dieser Ambivalenz bin ich als Mensch, mit Hoffnungen, Träumen, Zweifeln und Ängsten.
Der nur versucht sich selbst zwischen diesen beiden Extremen, die beide der Wahrheit entsprechen, wieder zu finden.
Ich bin sowohl als auch.
Ich bin eine tolle Arbeitskraft.
Ich bin eine Arbeitslose die dankbar für jeden Job sein sollte.
Und ich bin etwas dazwischen.

Überschätze ich meinen Wert oder unterschätzt mich der Arbeitsmarkt?
Oder unterschätze ich mich und meine potentiellen Chancen?

Ist dort draußen, zwischen all denen die nur auf Beschriftungen, Titel, Abschlüsse und Namen achten, ein Kenner, der meinen Wert erkennt? Oder habe ich diesen Wert gar nicht?

Und mit all diesen Gedanken in meinem Kopf über mich und meinen Wert lese ich die nächste Stellenbeschreibung. Gesucht wird ein Junior Assistant Assistant Manager of Something mit mehrjähriger Berufserfahrung, einem Master in Kommunikationswissenschaft und Betriebswirtschaft und mindestens drei Muttersprachen.

Nach fünf solcher Stellenanzeigen klappe ich den Laptop zu, seufze aus tiefster Seele, hole Kehrblech und Besen und fege das zusammen was ich eben noch selber für Kunst hielt. Anschließend setze ich mich hin und fange an die nächste aufgespießte Leinwand zu bemalen um mir diese wieder selber als Kunst zu verkaufen. 
Um mich anschließend anderen wieder als Kunst zu verkaufen.

Hallo Arbeitsmarkt, hier spricht Liebhaberstück, wir müssen reden.

1 Kommentar:

  1. Hi Merle,
    ich weiß zwar nicht, was du gelernt hast, aber ich würde mich generell nicht von solchen übertriebenen Forderungen von Arbeitgebern entmutigen lassen. Die wollen immer X-Abschlüsse + Berufs- und Auslandserfahrung. Dann am besten noch Anfang 20. Das kann schon nicht klappen ^^
    Ansonsten ist es in Deutschland leider so, dass das zählt, was auf dem Papier steht, nicht unbedingt das, was du kannst. Kann natürlich für bestimmte Bereiche von Vorteil sein, weil es dann weniger Arbeitskräfte gibt und man Dank Angebot-/Nachfrage eine bessere Verhandlungsbasis hat.
    Aber allgemein bin ich der Meinung, dass Leute danach bewertet werden sollten, was sie können, und nicht danach, was auf irgendwelchen Zertifikaten steht. Leider kann man Ersteres schwer zeigen außer eben direkt nach der Einstellung.
    Dir weiterhin viel Erfolg bei der Jobsuche!

    AntwortenLöschen